Wein des Monats März 2012

Justinus K. trocken 2010, Weingut Karl Haidle, Württemberg

 

Was ist Justinus K.? Das werden sich jetzt viele fragen. Es ist keine Bezeichnung für eine Cuvée, sondern ein Markenname für einen hochwertigen Kerner. Die Rebsorte, eine Weinsberger Kreuzung zwischen Riesling und Trollinger, wurde nach dem Dichter Justinus Kerner (1782 - 1862) benannt, der in in Weinsberg gelebt hatte. Kerner? Da denken viele an süßliche Literweine in Massenabfüllungen. Weit gefehlt. Vor einigen Jahren hat die Weinbauschule Weinsberg ein Projekt ins Rollen gebracht, um dieser Rebsorte ein Profil zu geben, das die Rebsorte im Spitzensegment erlebbar macht. 13 Erzeuger beteiligen sich an diesem Konzept. In dieser Gemeinschaft werden die Weine verkostet und beurteilt, ob sie den strengen Qualitätsansprüchen genügen. Die geernteten Trauben müssen zudem Spätlese-Qualität haben und der Ertrag darf maximal 70 l/ar betragen. Bei Hans Haidle wird der Ertrag jedoch auf 60 l/ar reduziert, es wurden nur gesunde, reife Trauben gelesen, die keine Botrytis enthalten dürfen. Das Weingut ist ein Pionier des Anbaus dieser Sorte. Bereits 1959 hat Karl Haidle Kerner gepflanzt. Der Wein wird im Edelstahltank ausgebaut. Wie er dann ins Glas kommt, ist für mich schlichtweg eine Sensation. Er hat sich nach dem ersten Verkosten auf der ProWein 2011 merklich weiterentwickelt. Er duftet in der Nase nach frischen Kräutern, fast schon etwas orientalisch. Wenn der Wein etwas Luft bekommt, dann kann man Holundernoten erkennen. Diese Saftigkeit wird dann im Gaumen fortgesetzt. Perfekt wird dann der Wein mit einer druckvollen Säure abgerundet. Der Abgang ist sehr eindringlich, die Exotik ist weiterhin spürbar. Belohnt wird man, wenn man dem Wein nach dem Öffnen noch ein paar Stunden Zeit im Kühlschrank gibt. Mir hat der Wein am zweiten Tag der Verkostung noch besser und eindrucksvoller geschmeckt. Ich sehe hier ein Lagerpotenzial von mindestens 10 Jahren. Perfekt passt dieser Wein zu einem Couscous. Hier kann ein fantastisches Wechselspiel der Aromen stattfinden. Dieser Tropfen stellt für mich eine der größten Überraschungen der letzten Monate dar und beweist mal wieder, dass man beim Genuss ruhig die Vorurteile beiseite legen sollte. Hans Haidle zeigt hier, wie man dem schwäbischen Weißwein ein Profil mit Wiedererkennungswert schaffen kann. Der Wein wurde ab Hof für 9,60 EUR verkauft. Der Nachfolgejahrgang ist frisch abgefüllt. 

 

Meine Wertung: 90 Punkte (01.03.2012)